System des Fliegens -
das Streben des Menschen nach Perfektion,
das Unvorhersehbare wird vorhersehbar gemacht.
Das Unmögliche wird möglich gemacht.
Es darf nur sehr wenig Menschsein in diesem Ablauf stecken und das wunderbare daran ist aber, dass es von der Sehnsucht des Menschen, dem Traum vom Fliegen lebt.


INFORMATION


Im Zuge eines Projektes „Tausche Deine Arbeitswelt“ der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart am 25.5.2011 konnte ich die beiden Piloten der Lufthansa des Fluges LH 765/764 nach Mumbai und wieder zurück begleiten.

Fliegen, dass bedeutet für mich vor allem ein Umgang mit der Berechnung, der am wahrscheinlichsten eintreffenden Möglichkeit – kaum ein System muß sich so stark mit den Möglichkeiten, die einen erwarten könnten und der Rechnung mit der Wahrscheinlichkeit auseinandersetzen. Das BECOMING spielt beim Fliegen eine unwahrscheinlich große Rolle. Es sind alles Prognosen und Berechnungen, die so genau sind, dass sie kaum Platz für Abweichungen und Überraschungen zulassen. Es ist ein Blick in die Zukunft, welcher es erst dem Menschen überhaupt ermöglicht sicher fliegen zu können. Ich glaube, dass in keinem anderen Streben der Menscheit als in dem des Fliegens so viel Perfektion und gleichzeitig so viel Sehnsucht steckt und dass kein anderer Traum als der des Fliegens den Menschen besser beschreiben könnte.

Berechnungen von Gefahren, Bedrohungen und Möglichkeiten, die uns erwarten könnten, die wir jeden Tag abwägen, faszinieren mich. Warnhinweise, Sicherheitsvorschriften und Anweisungen für gegebenfalls nötige Rettungsmaßnahmen – sie alle kümmern sich um Fehler, die noch gar nicht geschehen sind. Zeichen eines menschlichen Strebens nach Pefektion, welches alles Unberechenbare und Animalische ausschließen möchte. Der Versuch unsere Unvollkommenheit, Zerbrechlichkeit und Endlichkeit zu kontrollieren und Zeitabläufe bestimmen zu können.

Und auch ist es die Einsamkeit, die Fremdheit und die bleibende Distanz eines Piloten, die mich an seiner und in meiner Arbeit beschäftigt.
Es ist die Einsamkeit unserer menschlichen Wahrnehmungen und unsere ständige Distanz zu jedem anderen Menschen auf dieser Welt. Unsere Körper trennen uns von jedem anderen Körper, so wie uns jede unserer einsamen Wahrnehmungen von den anderen Wahrnehmungen trennen. Laut Einstein können wir unsere Wahrnehmungen und Positionen verändern, doch ich glaube, dass jedes Gefühl einmalig und einsam bleibt. Diese Distanz kann kein genauester Lageplan und keine Koordinate auf der Welt aufheben. So oft wir auch unsere Positionen überprüfen können, jede Zukunftprognose abgleichen, einsam werden wir immer alleine durch den Himmel fliegen und in der Dunkelheit verschwinden.


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